Eintrag im Eingangsjournal der Städtischen Schlossbücherei

Verfolgungs­bedingt entzogenes Kulturgut im Bestand der Universitäts­bibliothek Mannheim

Die Universitäts­bibliothek Mannheim unter­sucht ihre historischen Buchbestände auf Verdachtsfälle von NS-Raubgut, um diese zu erfassen, sichtbar zu machen und sofern möglich zu restituieren.

Förder­bereich: „NS-Raubgut“
Förderung: Deutsches Zentrum für Kulturgutverluste
Laufzeit: 2024–2025

Das Projekt erhält für die Laufzeit von 2024 bis 2025 Mittel vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste aus dem Förder­bereich „NS-Raubgut“. Das Projekt der Universitäts­bibliothek Mannheim ist eines von insgesamt 18 geförderten Forschungs­projekten.

Ziel des Projektes ist es, Raubgut in den Beständen der Universitäts­bibliothek zu identifizieren und seine Provenienz zu klären. Anschließend soll das Raubgut nach Möglichkeit an die rechtmäßigen Eigentümer*innen bzw. ihre Nachkommen oder Rechts­nachfolger*innen zurückgegeben werden. Zu diesem Zweck überprüfen wir die Eingangsjournale der Wissenschaft­lichen Stadtbibliothek, in denen die Erwerbungen inventarisiert wurden. Sollten sich hier Unstimmigkeiten ergeben, z.B. auffällige Erwerbungs­orte, wird am einzelnen Buch geprüft, ob sich Hinweise auf Vorbesitzer*innen identifizieren lassen. Neben Ex Libris-Aufklebern oder Stempeln können dies Widmungen, Signaturen oder Namenseinträge sein. Die Rechercheergebnisse dokumentieren wir in den Datenbanken Looted Cultural Assets und Lost Art.

Projekt­partner

  • Prof. Dr. Hiram Kümper

    Wissenschaft­lich betreut wird das Projekt durch Prof. Dr. Hiram Kümper, der das Forschungs­projekt mit wissenschaft­licher und regionalhistorischer Expertise unter­stützt. Als Stichwortgeber und mit einer personellen Anschubleistung hat er das Projekt maßgeblich mit auf den Weg gebracht.

  • Universitäts­archiv

    Das Archiv der Universität Mannheim ist das historische Gedächtnis der Universität. Seit den 1970er Jahren erschließen und verzeichnet die Universität Archivgut rund um den Universitäts­betrieb sowie die Unter­lagen der Vorgängerinstitutionen der jetzigen Universität – der Handels­hochschule (1907-1933) und der Wirtschafts­hochschule (1946-1967). Im Universitäts­archiv wurden unter anderem die Zugangsbücher der Städtischen Schlossbücherei digitalisiert und durch die Mitarbeiter*innen erste Recherchen angestoßen.

Provenienzforschung

  • Was ist NS-Raubgut?

    Unter NS-Raubgut versteht man beispielsweise Bücher, die politisch, religiös oder rassistisch verfolgten Personen und Institutionen geraubt und entzogen wurden. Als Raubgut gelten auch Bücher oder Kunstgegenstände, die aufgrund des allgemeinen Verfolgungs­drucks und der Zwangs­lage unter Wert verkauft werden mussten. Kulturgüter wie Bücher wurden nicht nur aus Bibliotheken und Kultur­einrichtungen jüdischer Gemeinden geraubt. Auch die Bibliotheken von Freimaurerlogen, Arbeiterbüchereien von Gewerkschaften oder Sammlungen von Privatpersonen wurden geplündert und beschlagnahmt. Bibliotheken und Bibliothekar*innen agierten hierbei häufig als zentrale Sammelpunkte, die mit ihrer Expertise bei der Bewertung und Verteilung dieser Bestände berieten.

  • Was ist Provenienzforschung?

    Um zu überprüfen, ob sich solches Raubgut in den Beständen von Kultur­einrichtungen befindet, haben sich die deutschen Kommunen und Länder, sowie große Kultur­einrichtungen in einer gemeinsamen Erklärung verpflichtet, ihre Bestände zu überprüfen und zu diesem Zweck Provenienzforschung zu betreiben. Die Provenienzforschung unter­sucht die Herkunft und den oder die Besitzerwechsel einzelner Kulturgüter. Dabei interessiert nicht nur, wem die Bücher gehörten, bevor sie in die Universitäts­bibliothek kamen – zum Beispiel durch Kauf oder Schenkung – sondern auch, unter welchen Umständen der Besitzerwechsel erfolgte und welche Institutionen daran beteiligt waren – zum Beispiel Gliederungen der NSDAP wie SA oder SS, Einrichtungen der Polizei und Justiz, Finanz­ämter oder Antiquare und Kunsthändler.

  • Bestandsgeschichte

    Die historischen Sammlungen der Universitäts­bibliothek Mannheim setzen sich im Wesentlichen aus den Beständen der Handels­hochschule Mannheim und der Wissenschaft­lichen Stadtbücherei Mannheim auf. Hinzu kamen zahlreiche Über­nahmen u.a. aus der Kunsthalle Mannheim, der Harmonie­gesellschaft, den Städtischen Volksbüchereien oder auch der Städtischen Amtsbücherei. Diese komplexe Bestandsgeschichte bildet den Hintergrund des Provenienzforschungs­projektes. Nach derzeitigem Kenntnisstand befinden sich in den Beständen beispielsweise Bücher aus der Bernhard-Kahn-Lesehalle, die durch Schenkungen der Städtischen Volksbücherei in den Bestand gelangt sind. Die Lesehalle wurde bereits 1933 kurz nach der Machtübernahme geschlossen und in die Städtische Volksbücherei eingegliedert.

    Bestandsgeschichte der Universitäts­bibliothek Mannheim

Kontakt

Sie haben Fragen zum Projekt? Sprechen Sie uns gerne an.

Dr. Max Gawlich

Dr. Max Gawlich

Wissenschaft­licher Mitarbeiter Provenienzforschung
Universität Mannheim
Universitäts­bibliothek
Schloss Schneckenhof West – Raum SW 271
68161 Mannheim

Projekt­organisation

Viktor Boecking, M.A.

Viktor Boecking, M.A.

Leiter der Abteilung Kommunikation | Fach­referent für Geschichte | E-Learning
Universität Mannheim
Universitäts­bibliothek
Schloss Schneckenhof West – Raum SW 284
68161 Mannheim