Das Volk des Buches

Ausstellungs­ort: Bibliotheks­bereich A3 (A3, 6–8), 2. OG
Dauer: 18. Oktober–14. Dezember 2001
Kooperations­partner:Jüdische Gemeinde Mannheim und Universitäts­bibliothek Mannheim

Konzept

Wir blättern ein symbolisches, ein Wunderbuch auf ... Hat es G'tt geschrieben? Die Geschichte und Gegenwart eines Volkes, des jüdischen Volkes, stellt sich uns vor. Das Buch hat einen Anfang, aber kein Ende. Seine ersten Seiten auf Pergament sind tausende von Jahre alt, seine neuesten Zeilen entstehen vor unseren Augen.

Wir berühren das Buch vorsichtig, wir sehen es durch, wir rollen es auf, wir versuchen es zu lesen und zu verstehen ... Wie unähnlich sind seine Teile! Zeiten und Räume liegen zwischen ihnen, Kriege und Exil, Assimilation und Wiedergeburt.

Vieles enthält das Buch: Texte und Bilder, Zahlen und Zeichen ... Plötzlich finden wir eine deutsch geschriebene Seite, und noch eine ... Und dort – englisch, spanisch, französisch oder italienisch und viele – russisch ... Warum wurden diese Seiten zusammengebunden? Was hält sie zusammen?

Die Sprache der jüdischen Religion und Traditionen, eine uralte und ewig neue Sprache: Hebräisch. Immer wieder ersteht Hebräisch durch die Schichten anderer Kulturen und Epochen.Das hebräische Alphabet, seine Buchstaben, die Schreibweise, die Schriften – das alles wurde bewahrt und an immer neue Generationen der Juden weitergegeben. Diese Sprache ist die Achse des Volkes und ein kostbares Buch seines Schicksals, Reliquie und lebendiger Alltag, der sich uns auch heute zeigt.

So treffen sich im Jahre 2001 in Mannheim zwei unter­schiedliche Seiten einer gemeinsamen jüdischen Kultur: Ihre west- und osteuropäischen Zweige. Die wunderschönen alten, in Westeuropa hergestellten Bücher aus der Sammlung der Jüdischen Gemeinde Mannheim und moderne Kunstwerke eines jüdischen Künstlerehepaars, das vor acht Jahren aus Moskau nach Hamburg gezogen ist.

Ljubow Simonenko und Roman Feierstein

Das Architekten- und Künstlerpaar Ljubow Simonenko (74) und Roman Feierstein (75) gehört zu Hunderten anderer professioneller Künstler und Intellektueller aus postsowjetischen Republiken, die heute in Deutschland leben und mit frischen schöpferischen Kräften und Ideen der Kultur­entwicklung des deutschen und europäischen Judentums neue Impulse geben wollen.

Simonenko und Feierstein sind Mitglieder des Bundes­verbandes bildender Künstler (BBK). Sie haben an rund 30 Kunstausstellungen und Wettbewerben teilgenommen, dar­unter in Berlin, Kiel, Oldenburg, Frankfurt am Main, Potsdam und Hamburg.

Vor ein paar hundert Jahren kamen ihre Vorfahren aus dem deutschsprach­igen Raum nach Osteuropa. Die geborenen Moskauer sind in der Sowjetunion, in der russischen Kultur aufgewachsen, aber in vielen ihrer Kunstwerke spielen Motive der jüdischen Kultur, Symbolik und vor allem die hebräische Schrift eine Hauptrolle.

Die Zeichnungen von Feierstein stellen die 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets als architektonische Objekte dar, während die Textilbilder von Simonenko – kostbar und kunstvoll – jüdische Kultgegenstände zitieren. „Die Buchstaben des hebräischen Alphabets waren durch alle Zeiten für die Juden Quellen der Weisheit, der Meditation und Phantasie. Um jeden einzelnen Buchstaben wuchs eine jahrhundertealte Tradition“. (Lawrence Kushner, Sefer Otijot – Das Buch der Buchstaben: ein mystisches Alefbet).